Name: Hilge Kohler
Wohnort: Heidelberg
Jobtitel: Redentrainerin und Schreibcoach
Herzensthemen: Führung, Veränderung und Gesundheit
Heute schon agil die Strategie optimiert? Oder effizient an nachhaltigen Innovationen gefeilt?
Unternehmen produzieren Worthülsen, als wären sie Gold wert. Das kennen alle, die in oder für Unternehmen arbeiten. Niemand mag die Nullsätze, die wir in Firmenbroschüren und auf Strategiefolien lesen – oft nicht einmal diejenigen, die sie aufgeschrieben haben. Und trotzdem produzieren wir sie. Ist das schlechte Angewohnheit? Denkfaulheit? Oder Verschleierungstaktik?
Wo auch immer die leeren Worthülsen herkommen – sie lassen sich bekämpfen. Es braucht nur ein wenig Training und diese drei Tipps:
1. Wortschatz trainieren.
Sprache ist wie Sport: Ohne Training läuft nicht viel. Mit einfachem Wortschatz-Training können wir unsere Sprach- und Denkmuskeln fit und geschmeidig halten. Und dann sprudeln die Wörter wie von allein. Denn Fakt ist: Wir nutzen nur ein Drittel unseres eigenen Wortschatzes, und der ist auch nur ein Bruchteil des gesamten Wortschatzes deutscher Sprache.
Zum Beispiel das Wort “groß”: Wie viele Synonyme gibt es wohl? Wörter, die das gleiche oder ähnliches bedeuten? Riesig, fantastisch, moralisch einwandfrei, vorbildlich…das sind alles Synonyme für groß, die ganz unterschiedliche Bedeutungen haben.
2. Gegenwörter trainieren
Sport wird mir bald langweilig, wenn ich immer das Gleiche trainiere. Manchmal genügt es schon, die Übungen ein bisschen abzuändern, und schon fühlt das Training wie neu an. Wenn das Wortschatz-Training mit Synonymen langweilig wird, dann kann es helfen, nach Antonymen zu suchen. Antonyme sind das Gegenteil von Synonymen – Wörter, die das Gegenteil bedeuten. Ein Antonym von “hell” ist zum Beispiel “dunkel”.
Die genaue Bedeutung eines Wortes wird manchmal erst klar, wenn ich formuliere, was das Gegenteil des Wortes wäre. Vor allem wenn es um so allgemeine Wörter wie “groß” geht. Als erstes Antonym fällt den meisten wahrscheinlich “klein” ein. Aber was ist mit “unbedeutend”, mittelmäßig”, “schmal”,…? Jeder Gegenbegriff birgt eine neue Nuance in dem, was ich ausdrücke.
Gegenbegriffe zu suchen, bringt nicht nur Abwechslung ins Wortschatz-Training. Es kann auch eine gute Übung sein, wenn wir beim Texten neue Inspiration brauchen. Oder wenn wir im Team uneins sind, was wir nun genau meinen mit “Haltung”, “Mut” – oder mit einem simplen “ich mag ihn”. Dass ich jemanden nicht mag, klingt unverfänglich; aber ob ich ihn “hasse”, ihm “misstraue” oder er mir “gleichgültig” ist, das macht einen enormen Unterschied.
3. Konkret werden
Synonyme und Antonyme sind großartige Hilfen, wenn ich aufhören will, immer das Gleiche zu sagen. Aber sie allein helfen noch nicht, Worthülsen mit Leben zu füllen. Dafür müssen wir noch konkret werden. Probieren wir es aus!
Schließen wir die Augen und stellen uns ein Auto vor. Was geschieht vor deinem inneren Auge? Ich sehe prompt einen knallblauen Käfer, das war meine erstes Auto und ich habe ihn geliebt. Manch einer sieht vielleicht sein jetziges Auto, einen schwarzen Kombi oder einen herzroten Porsche, einen Bulli mit Blumen drauf oder gelben Cinquecento – die gute alte Knutschkugel – oder oder oder…
Ein Auto ist sprachtechnisch ein Kategorie-Begriff. Es weckt kein Bild an sich, sondern muss konkretisiert werden, um zum Leben zu erwachen: Wenn das Auto eine Farbe bekommt, einen Klang (als Käfer-Fan zaubert es mir noch heute ins Gesicht, wenn ich einen Boxermotor brummen höre), Geruch (unverkennbar: Zweitakt oder Diesel) – und für echte Autofans vielleicht auch das Gefühl, über eine gewölbte Motorhaube zu streichen, während der Motor nach einer Spritztour leise tickt.
Du bist kein Auto-Fan? Dann versuchen wir es mit einem Ausflug in die Küche. Hast du viele Gewürze in der Küche stehen? Nach was riechen oder schmecken Gewürze? – Klar, das kommt ganz aufs Gewürz an. Auch Gewürze sind technisch gesehen ein Kategorie-Begriff. Mit unseren fünf Sinnen können wir sie nicht erfassen. Aber Zimt, Oregano und Cayennepfeffer: Das können wir vor unserem inneren Auge schmecken, riechen, und vielleicht wandern unsere Sinne hin zu unserem Lieblingsgericht. Bei Zimt sehe ich sofort Zimtsterne und Weihnachtsdeko, ich fühle die Wärme vom Backofen in der Küche…mein Kopfkino läuft auf Hochtouren.
Und wie schmeißen wir das Kopfkino an, wenn wir Begriffe wie agil oder Haltung mit Leben füllen wollen? Genau über diese drei Schritte. Mit ein wenig Übung und Hilfe funktioniert das irgendwann richtig gut.